Verhalten bei Durchsuchungen
Steht die Polizei morgens um 6 Uhr vor Ihrer Tür, um eine Durchsuchung durchzuführen, befindet sich in den meisten Fällen kein Rechtsanwalt neben Ihnen. Daher ist es wichtig, schon im Vorhinein zu wissen, wie man sich in einem solchen Fall verhalten sollte.
1. Rechtliche Grundlagen
Grundsätzlich sind gem. §§ 102 ff. StPO Durchsuchungen beim Beschuldigten sowie bei anderen Personen zulässig. Die Durchsuchung bei einer anderen Person als den Beschuldigten ist jedoch eher selten und nur zur Ergreifung des Beschuldigten, zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände zulässig. Zusätzlich müssen Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet.
Zudem finden die meisten Durchsuchungen am Tage, d.h. zwischen 6 Uhr und 21 Uhr statt. Durchsuchungen zur Nachtzeit (§ 104 StPO) sind lediglich unter bestimmten Umständen möglich.
2. Wie verhalte ich mich und was muss ich beachten?
Als erstes gilt: Bleiben Sie ruhig und kooperativ und äußern Sie sich auf keinen Fall zu den Tatvorwürfen! Versuchen Sie beispielsweise nicht, die Beamten von Ihrer Unschuld oder dem Vorliegen eines Missverständnisses zu überzeugen. Es wird ohnehin nichts ändern. Beachten Sie bitte, dass es ganz und gar kein Schuldeingeständnis ist, wenn Sie jetzt schweigen. Dafür ist ggf. später nach Rücksprache mit Ihrem Verteidiger/Ihrer Verteidigerin noch genug Zeit.
Bitte wehren Sie sich nicht körperlich! Auch für die Polizeibeamten ist eine Durchsuchungssituation stets eine Stresssituation, da die Beamten nicht wissen können, auf welche möglichen Gefahren (Waffen, alkoholisierte und aggressive Personen etc.) sie treffen. Die Durchsuchungen, bei denen ich als Staatsanwältin in der Vergangenheit teilgenommen habe (in den meisten Fällen ist jedoch kein Staatsanwalt anwesend), liefen immer dann am stressfreisten für die Beschuldigten, wenn diese ruhig blieben und den Anweisungen der Polizisten folgten, auch wenn dies unter Umständen schwer fällt. Nach meiner Erfahrung ist der größte Fehler der Beschuldigten in Durchsuchungssituationen, sich körperlich zu wehren oder aggressiv zu werden. Schnell schaukelt sich die Situation hoch und die Beamten drücken Sie recht unsanft zu Boden, um Ihnen Handschellen anzulegen. In vielen Fällen folgt dem auch ein Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte - eine Folge, die nicht nur unnötig, sondern auch kostspielig ist.
Wichtig ist dann, sich immer den Durchsuchungsbeschluss aushändigen zu lassen. Sollte die Polizei keinen Durchsuchungsbeschluss vorzeigen können, dürfen die Beamten lediglich bei Vorliegen von „Gefahr in Verzug“ durchsuchen.
Während der Durchsuchung füllen die Beamten ein Durchsuchungsprotokoll aus, in dem jeder sichergestellte Gegenstand einzeln aufgelistet ist. Ein Polizeibeamter wird Sie fragen, ob Sie sich mit der Sicherstellung von Gegenständen oder Dokumenten einverstanden erklären. Hier ist es unter Umständen ratsam, der Sicherstellung zunächst zu widersprechen.
Ist die Durchsuchung nach dem Durchsuchungsbeschluss auf bestimmte Gegenstände oder Dokumente beschränkt (beispielsweise auf Ihren Führerschein oder auf andere Dokumente wie Kontoauszüge etc), sind Sie manchmal besser beraten, diese den Beamten sofort zugänglich zu machen. Andernfalls durchsuchen die Beamten Ihre gesamte Wohnung oder Ihre Geschäftsräume und finden möglicherweise noch andere kritische Gegenstände (sogenannte „Zufallsfunde“). Der Klassiker ist hier beispielsweise die 2g Cannabis, die im Wohnzimmerschrank liegen und ansonsten unentdeckt geblieben wären. Das von den Beamten nicht selten hinterlassene Chaos nach einer Durchsuchung wird so ebenfalls umgangen.
Das Wichtigste zum Schluss: Kontaktieren Sie umgehend einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin. Ich stelle meinen Mandanten für solch dringende Fälle stets meine Notfallnummer zur Verfügung. Gemeinsam besprechen wir dann kurz am Telefon, was Sie beachten und wie Sie sich verhalten sollten. In vielen Fällen ist mir dann auch eine kurze Rücksprache mit der Polizei möglich, die oft schon Klarheit bringt.
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